Mittwoch, 14. November 2012

Marcus vs. Quintus

Die obligatorische Schlacht beginnt bei Centurion erst relativ spät, in der gefühlten 30. Minute, wobei es sich dann um eine eher konventionelle Schlachtszene handelt, die sehr realistisch die Probleme zeigt, die die römische Armee in Schottland hatte. Beim Adler der neunten Legion geht es nach einer kurzen Einleitung direkt zur Sache.
Wir schreiben das Jahr 117 n. Chr (Centurion) oder 120 n.Chr. (Der Adler der neunten Legion). Das Imperium Romanum umfasst den gesamten Mittelmeerraum. Gerade hat Kaiser Trajan das heutige Rumänien, große Teile Syriens und den heutigen Irak unterworfen. Eine Segelfahrt im Persischen Golf sollte zeigen, dass die römischen Kaiser nun endlich die würdigen Nachfolger Alexander des Großen waren.
Doch dann gab es das Britannien-Problem - eine unglaubliche Abnutzungsschlacht. Das römische Vietnam. Als die letzten Legionäre 410 n. Chr. die Insel verließen, da lagen 360 Jahre Guerilliakrieg hinter ihnen. Britannien war der Failed State der damaligen, römischen, Mittelmeerunion.
Michael Fassbender flieht vor den Pikten, mattsmoviereviews.net
Wir schreiben das Jahr 2011. Der Adler der neunten Legion (Adler) stellt sich Centurion aus dem Jahr 2010. Beide Filme versuchen, uns die Geschichte der Kämpfe in den Hinterhälten grausamer Waldvölker, den Pikten, näherzubringen. Doch bei denen handelte es sich erst später um die so genannten "picti" um die Ureinwohner des Landes Schottlands. Tacitus bezeichnet die von den Römern im schottischen Hochland angetroffenen Völker als "caledoni". Im Keltischen heißt das wahrscheinlich "Waldleute". Wir wissen auch nicht, ob wir zu der von den Filmen benutzen Datierung schon von einer piktischen Kultur sprechen können. Die Iren nennen die dortigen Einwohner zu dieser Zeit "cruithni" oder auch "cruthin". Erst spät, ab Mitte des dritten Jahrhunderts n.Chr., betreten die Völker die Weltenbühne, welche die Filme als Pikten bezeichnen. 
Die Pikten haben Channing Tatum, www.google.de
Somit liegen beide Filme bezüglich der zeitlichen Einordnung falsch. Sie verschieben die Auseinandersetzung mit den Pikten um ein halbes Jahrhundert.
Der Held im Adler, Marcus Flavius Aquila (Channing Tatum) wird fast durchgehend von einem Gefährten begleitet, während der Centurion, Quintus Dias (Michael Fassbender), eine kleine übersichtliche Truppe von alten Kriegern um sich schart. Die Auseinandersetzung liegt dann bei Adler auch eher auf dem Verhältnis des Römers zu seinem germanischen Sklaven während sie sich auf der Suche nach dem Adler der verschollenen neunten Legion befinden; während in Centurion eine kleine Gruppe von Überlebenden der neunten Legion, die im Land der Pikten eigentlich schon genug Probleme haben, zu überleben, ihrem Anführer in immer kühnere Abenteuer folgt. Beide Filme schildern die Reise in eine für die Römer fremde Welt - die der Pikten - vor einer atemberaubenden Naturkulisse und sparen es sich, zu einem blödsinnigen Kampf des Guten gegen das Böse zu tendieren. 
Marcus Flavius Aquila tritt vor seinem Ausfall aus dem umzingelten Kastell in der 17. Minute noch einmal vor die Büste Kaiser Marc Aurels. Die Römer werden in beiden Filmen als antike Marines dargestellt. Was treibt eigentlich die beiden Helden an? Sie sind Soldaten und ihrem Land treu ergeben. Aber sie zweifeln an dem Sinn des Grauens, dass sich ihnen bietet. Marc Aurel hat es jedoch so befohlen. Also wird gehorcht.
Die Realität war hart und zumindest der Director's Cut (im Rahmen dieser Filmkritiken werden nur die Director's Cut-Versionen besprochen) von Centurion spart nicht mir grausamen Kampfszenen. Doch jeder von uns, der einen guten Römerfilm liebt, möchte natürlich auch erfahren, wie die angeblich so hoch entwickelte Kultur der Römer einen so blutigen Feldzug führen konnte. Beide Filme sind zu empfehlen, wobei man sagen muss, dass Michael Fassbender schon der herausragende Römer unserer Dekade ist. Gleich hinter Maximus.

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